Unsichere Aussichten für die Ostsee

Der Windpark „EnBW Baltic 2“ ist seit einem halben Jahr am Netz, der Startschuss für „Wikinger“ ist gerade gefallen: Auch in der Ostsee geht es voran beim Ausbau der Offshore-Windenergie. Für die Zukunft des Standorts lassen die derzeitigen gesetzlichen Regelungen allerdings nichts Gutes erahnen.

Die meisten Offshore-Windparks in deutschen Gewässern entstehen nach wie vor in der Nordsee, doch auch in der Ostsee ging es zuletzt voran. Nachdem seit der Einweihung des ersten größeren Ostsee-Projekts „EnBW Baltic 1“ im Mai 2011 gut vier Jahre vergangen waren, nahm Energiekonzern EnBW vorigen September mit „EnBW Baltic 2“ seinen zweiten Meereswindpark offiziell in Betrieb. Alles in allem sind damit in der Ostsee nun 102 Anlagen mit einer Leistung von 338,8 Megawatt (MW) ans Netz angebunden, was etwa zehn Prozent der aktuellen deutschen Offshore-Kapazität entspricht. Die Bauarbeiten für den 350-MW-Windpark „Wikinger“ des spanischen Energiekonzerns Iberdrola haben Mitte März  begonnen, und der deutsche Energiekonzern Eon bereitet aktuell die Investitionsentscheidung für „Arkona Becken Südost“ vor. Sobald auch dieses Projekt umgesetzt ist, wird die in der Ostsee installierte Offshore-Leistung auf knapp 1.100 MW anwachsen sein.
Doch wie geht es danach weiter? Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2014 hat die Bundesregierung die Ausbauziele massiv nach unten geschraubt, und beim Netzausbau steht nach wie vor die Nordsee im Fokus. Laut aktuellem Entwurf des Offshore-Netzentwicklungsplans (O-NEP) 2025, den die Übertragungsnetzbetreiber kürzlich zur Bestätigung an die Bundesnetzagentur übergeben haben, sieht der bereits genehmigte Szenariorahmen für die Ostsee einen Ausbaustand von höchstens 1.900 MW im Jahr 2035 vor: Vor diesem Hintergrund zeichnet sich ab, dass in den kommenden knapp 20 Jahren nur noch zwei bis drei weitere Meereswindparks hinzukommen könnten. Für Andree Iffländer ist das nicht nachvollziehbar. „Es ist uns endlich gelungen, hier nach einer mehrjährigen Startphase eine gewisse Kontinuität zu entwickeln“, sagt der Vorsitzende des in Rostock ansässigen WindEnergy Networks. „Und gerade jetzt, wo wir Know-how aufgebaut haben und durch einen stetigen Ausbau die Kosten senken könnten, werden wir ausgebremst.“ Das EEG und der O-NEP berücksichtigten die Potenziale der Ostsee in keinster Weise, kritisiert er – und das, obwohl der Netzanschluss dort aufgrund der relativen Küstennähe schneller und günstiger umzusetzen sei als in der Nordsee.

Ein ausführlicher Bericht zum Ausbau der Offshore-Windenergier in der Ostsee ist in der April-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 90 und 91 zu lesen.

Rekordjahr für die deutsche Offshore-Windenergie

Die deutsche Offshore-Windbranche blickt auf ein Rekordjahr zurück: 546 Offshore-Windkraftanlagen mit einer Leistung von 2.282,4 Megawatt (MW) haben 2015 erstmals Strom ins Netz eingespeist, wie die Deutsche WindGuard im Auftrag von Arbeitsgemeinschaft Offshore-Windenergie, Bundesverband WindEnergie, Stiftung Offshore-Windenergie, VDMA Power Systems und Windenergie-Agentur WAB ermittelt hat. Insgesamt sind damit in der deutschen Nord- und Ostsee nun 792 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3.294,9 MW am Netz. Weitere 41 Anlagen mit einer Leistung von 246 MW waren zum 31. Dezember 2015 bereits fertig errichtet, warteten aber noch auf ihre Netzanbindung. Die Branche erklärt den ungewöhnlich hohen Zubau der vergangenen zwölf Monate mit Nachholeffekten, die in der Fertigstellung gleich mehrerer Netzanschlusssysteme begründet lagen. Langfristig sei allerdings ein verlässlicher, kontinuierlicher Ausbau wichtiger als einmalige Rekorde, hieß es bei der Vorstellung der Zahlen in Berlin. Für 2016 rechnen die Verbände mit einem Zubau von rund 700 MW.
Vollständige Pressemitteilung

Offshore-Windenergie: Rücken- oder Gegenwind für den Tourismus?

Gerade entlang der Küsten von Nord- und Ostsee hat der Tourismus eine ganz besondere Bedeutung, für viele Kommunen ist er der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Die Frage, ob der Ausbau der Windenergie und speziell der Offshore-Windenergie einen Einfluss auf die Besucherzahlen haben könnte, wird hier darum auch besonders intensiv diskutiert – und das durchaus kontrovers.

Offshore-Windpark "Meerwind Süd|Ost" in der Nordsee

Offshore-Windpark „Meerwind Süd|Ost“ in der Nordsee

Belege dafür, dass die Windräder im Meer tatsächlich Urlaubsgäste abschrecken könnten, gibt es bislang nicht. Allerdings sind mit „EnBW Baltic 1“ in der Ostsee und „Riffgat“ in der Nordsee bis jetzt auch erst zwei Windparks innerhalb des Küstenmeeres und damit in Sichtweite vom Festland beziehungsweise von einer der Urlaubsinseln errichtet worden. Die meisten deutschen Offshore-Windparks entstehen in der sogenannten ausschließlichen Wirtschaftszone weit entfernt von den Küsten. In einer kürzlich veröffentlichten Studie der Martin-Luther-Universtität Halle-Wittenberg mit dem Titel „Akzeptanz der Offshore-Windenergienutzung“ heißt es dazu, dass sowohl Küstenanwohner als auch Touristen überwiegend positive Einstellungen zu Offshore-Windparks hätten. Die Akzeptanz sei jedoch höher, wenn die Anlagen küstenfern errichtet würden – wobei Touristen küstennahe Anlagen durchschnittlich positiver bewerteten als die Anwohner. Zwischen 2009 und 2012 hatten die Wissenschaftler insgesamt drei Befragungen in verschiedenen Urlaubsregionen durchgeführt. „Auch wenn sich keine negativen Auswirkungen auf den Tourismus finden, hat sich die Hoffnung, Offshore-Windparks würden zu touristischen Attraktionen werden, bisher nicht erfüllt“, schreiben die Autoren. Im vergangenen Jahr war eine Studie der Stiftung Offshore-Windenergie zum „Einfluss der Offshore-Windenergie auf den Tourismussektor“ zu dem Ergebnis gekommen, dass Meereswindparks als Touristenattraktionen dienen könnten und in regionale Tourismuskonzepte einbezogen werden sollten. Entsprechende Angebote böten die Möglichkeit, „sich abzuheben und auf dem wettbewerbsintensiven Tourismusmarkt eine Nische zu besetzen“, heißt es dort. Auf diese Karte setzt man beispielsweise auf Helgoland, wo sich drei Windparkbetreiber mit Servicestationen niedergelassen haben und von wo unter anderem Schiffstouren zu den benachbarten Offshore-Windparks organisiert werden, sowie in Bremerhaven, wo derzeit ein Informationszentrum Offshore-Windenergie entsteht und wo es schon seit mehreren Jahren eine themenbezogene Hafenrundfahrt mit dem Titel „Tour die Wind“ gibt. An der Küste Mecklenburg-Vorpommerns herrscht dagegen momentan eine äußerst kritische Haltung gegenüber dem weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie. Hintergrund ist ein neues Landesraumentwicklungsprogramm, das voraussichtlich bis Anfang 2016 in Kraft treten soll und das laut aktuellem Entwurf der Landesregierung in Schwerin diverse Vorranggebiete für Windkraftanlagen im Küstenmeer festlegt, deren Mindestabstand zum Festland lediglich sechs Kilometer betragen soll. Vom Tourismus abhängige Gemeinden und die entsprechenden Verbände befürchten, dass sich Urlauber von den Windrädern gestört fühlen werden und der Tourismus dadurch nachhaltig Schaden nehmen könnte.

Ein ausführlicher Artikel zu diesem Thema ist in der September-Ausgabe des Magazins „neue energie“ auf den Seiten 32 bis 34 zu lesen.

Offshore-Windenergie: In den Häfen zeigt sich ein gemischtes Bild

Manche Häfen haben derzeit in Sachen Offshore-Windenergie gut zu tun, bei anderen macht sich schon die Flaute bei der Auftragsvergabe bemerkbar. Alle hoffen auf eine Erholung der Branche.

Der Container Terminal 1 in Bremerhaven wird zum Umschlag von Offshore-Komponenten genutzt.

Der Container Terminal 1 in Bremerhaven wird zum Umschlag von Offshore-Komponenten genutzt.

Acht Offshore-Windparks werden aktuell in deutschen Gewässern errichtet, bei einigen von ihnen werden die Installationsarbeiten voraussichtlich in den nächsten Monaten abgeschlossen sein. Abgesehen vom Projekt „Gode Wind 1 und 2“ des Energiekonzerns Dong Energy, das ab 2015 in der Nordsee gebaut werden soll, sind zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Investitionsentscheidungen in der hiesigen Offshore-Windbranche getroffen. Von der damit einhergehenden Auftragsdelle sind nicht nur die Produktionsstätten betroffen, sondern auch die Häfen: Während an manchen Standorten der Offshore-Umschlag noch auf Hochtouren läuft, sind an anderen schon deutlich weniger Großkomponenten zu sehen als noch vor einem Jahr.
„Das unterscheidet sich von Hafen zu Hafen, aber es ist schon so, dass wir jetzt auch Leerstände sehen“, sagt Andreas Wellbrock, Leiter des Lenkungskreises Offshore-Windenergie beim Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe und Vorstand für Kontraktlogistik beim Hafenbetreiber BLG. „Die Häfen würden sich gerne weiter in der Offshore-Windenergie engagieren, und sie haben ja auch schon investiert – aber das ist jetzt davon abhängig, ob es weitere Projekte geben wird.“ Momentan sei die Lage von Stop-and-go-Lösungen geprägt, eine kontinuierliche Auslastung gebe es nicht. Wenn später eine neue Auftragswelle anrolle, könne es zu Engpässen an den Kaikanten kommen. „Was allen in der Offshore-Branche fehlt, und das gilt eben auch für die Häfen, ist Planungssicherheit“, macht Wellbrock deutlich. Es müsse nun abgewartet werden, ob die Bundesregierung mit ihrer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes tatsächlich für Stabilität sorge.
Als „etwas gedämpft“ bezeichnet Frank Schnabel, Sprecher der „Hafenkooperation Offshore-Häfen Nordsee SH“ und Geschäftsführer unter anderem von Brunsbüttel Ports und Rendsburg Port, nach der großen Anfangseuphorie die aktuelle Stimmung in den Häfen. „Dennoch gibt es weiterhin Potenziale in diesem Markt“, betont er und verweist auf positive Entwicklungen wie auf Helgoland und in Rendsburg. Die Offshore-Windenergie ermögliche weiterhin eine „Renaissance der Küste“, die Potenziale für eine Vielzahl von Häfen aufzeige und langfristig Beschäftigung generieren werde.

Ein ausführlicher Bericht mit einer Übersicht der Häfen, die im Bereich Offshore-Windenergie aktiv sind, ist in der Juni-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 80 bis 82 zu lesen.

Bei der Finanzierung von Offshore-Windparks gibt es keine Flaute

An Fremdfinanzierern herrscht in der Offshore-Windbranche aktuell kein Mangel. Die entscheidende Frage ist, ob die Investoren nach der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) endlich wieder Eigenkapital in die Hand nehmen werden.

Geld ist da: An Finanzierern herrscht derzeit in der Offshore-Windbranche kein Mangel.

Fremdkapital ist da: Nehmen die Investoren bald auch wieder Eigenkapital in die Hand?

Nach Einschätzung von Experten stehen genügend Banken, Fonds und andere Geldgeber bereit, um Fremdkapital für Offshore-Windprojekte bereitzustellen. Problematisch ist eher, dass das benötigte Eigenkapital derzeit nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt wird. „Grundsätzlich ist das neue EEG ein positives Zeichen“, meint Dirk Briese, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts wind:research. „Jetzt müssen wir abwarten, wie die Investoren darauf reagieren.“ Auch Nils Driemeyer von der HSH Nordbank betont, dass die Zahl der potenziellen Kreditgeber im Offshore-Bereich gestiegen und momentan viel Kapital in den Märkten vorhanden ist. „Bei institutionellen Anlegern wie Versicherungen und Pensionskassen sammeln sich enorme Beträge an, die investiert werden müssen“, berichtet der Banker. Angesichts des allgemein niedrigen Zinsniveaus würden Offshore-Investments für solche Anleger attraktiv. Mit der KfW und der Europäischen Investitionsbank gibt es darüber hinaus zwei Förderbanken, die sich in diesem Bereich engagieren.
Warum die Investitionsbereitschaft trotz eines positiven Finanzierungsumfelds derzeit nicht sehr hoch ist, hat kürzlich Marita Balks, Professorin für Finanzierung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, zusammen mit ihrem Co-Autor Philipp Breloh untersucht. Ein wesentliches Ergebnis ihrer Analyse mit dem Titel „Risikobewertung bei Investitionen in Offshore-Windanlagen“: Bestimmte Risiken können in der noch jungen Branche bisher nicht sicher genug eingeschätzt werden und stehen in keinem adäquaten Verhältnis zu den erwarteten Renditen, was zusammen mit der Unsicherheit über die zukünftigen Rahmenbedingungen viele potenzielle Investoren zuletzt gehemmt hat. „Wegen der hohen Risiken werden in der Offshore-Windenergie üblicherweise zweistellige Renditen erwartet, was mit der aktuellen Vergütungsstruktur schon schwer zu erreichen ist“, erläutert Balks. „Mit der vorgesehenen Vergütungsdegression wird es entsprechend noch knapper – da wird sich jeder Geldgeber die Frage stellen, ob er eine Investition tatsächlich tätigt oder ob er es besser unterlässt.“

Ein ausführlicher Artikel zur Finanzierung von Offshore-Windparks ist in der Mai-Ausgabe des Magazins „neue energie“ auf den Seiten 28 bis 33 zu lesen.

Bundeskabinett beschließt EEG-Entwurf

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen. Für den Bereich der Offshore-Windenergie heißt das im Wesentlichen, dass die politischen Ausbauziele – wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt – von ursprünglich 10 Gigawatt (GW) installierter Leistung bis 2020 und 25 GW bis 2030 auf nunmehr 6,5 GW bis 2020 und 15 GW bis 2030 nach unten korrigiert werden. Das so genannte Stauchungsmodell, nach dem Windparkbetreiber in den ersten acht Jahren von einer erhöhten Anfangsvergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde (kWh) profitieren können, die anschließend auf 3,5 ct/kWh abgesenkt wird, wird um zwei Jahre bis Ende 2019 verlängert. Allerdings soll innerhalb dieses Modells die Vergütung für Anlagen, die nach dem 1. Januar 2018 in Betrieb gehen, um 1,0 ct/kWh gesenkt werden. Nach dem ursprünglichen EEG-Entwurf hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eine weitere Degression von 1,0 ct/kWh für das Jahr 2019 vorgesehen: Dieser Passus entfällt jetzt. Auch die von der Offshore-Windbranche scharf kritisierte Deckelung bei der Zuweisung von Netzanschlusskapazitäten auf 6,5 GW bis Ende 2020 ist abgefedert worden. Sofern es zum Erreichen der Ausbauziele erforderlich ist, soll die Bundesnetzagentur nun bis zu 1,2 GW an zusätzlichen Netzkapazitäten vergeben dürfen. Nach Durchlaufen des parlamentarischen Verfahrens soll das reformierte EEG zum 1. August 2014 in Kraft treten.
Meldung Bundeswirtschaftsministerium
Aktueller EEG-Entwurf

Offshore-Windbranche blickt in ungewisse Zukunft

Der Ausbau der Offshore-Windenergie schreitet voran: In acht Baufeldern der deutschen Nord- und Ostsee werden derzeit Fundamente errichtet und Windkraftanlagen installiert, mehrere hundert Anlagen sollen in diesem und im nächsten Jahr schrittweise ans Netz gehen und dann für sauberen Strom sorgen. Zusammen mit den vier Meereswindparks, die bereits am Netz sind, wird die hierzulande installierte Offshore-Leistung dann rund 3.000 Megawatt (MW) betragen.

RWE Innogy hat mittlerweile alle Fundamente im Offshore-Windpark "Nordsee Ost" gesetzt. Foto: RWE Innogy

RWE Innogy hat mittlerweile alle Fundamente im Offshore-Windpark „Nordsee Ost“ gesetzt. Foto: RWE Innogy

Im internationalen Vergleich hat die hiesige Offshore-Windindustrie gemessen an den angemeldeten Patenten mit Abstand die Technologieführerschaft inne, wie jüngst eine Untersuchung von Germanwind, einer Tochter der Windenergie-Agentur WAB, gezeigt hat. Das sind die guten Nachrichten. Weniger glänzend stellt sich die andere Seite der Medaille dar. Nach monatelangen politischen Diskussionen über die künftigen Rahmenbedingungen sind weitere Investitionen bisher ausgeblieben, der Industrie geht angesichts fehlender Folgeaufträge die Arbeit aus. Mehrere Produzenten von Großkomponenten haben mittlerweile Arbeitsplätze abgebaut oder Kurzarbeit angemeldet, weitere Jobs sind akut in Gefahr.
Dabei hatte es Ende vorigen Jahres noch so ausgesehen, als würde neuer Schwung in die Sache kommen. „Der Knoten ist geplatzt“, hatte WAB-Geschäftsführer Ronny Meyer im November gesagt, nachdem der damalige Bundesumweltminister Peter Altmaier Branchenvertretern in einem persönlichen Gespräch zugesichert hatte, das so genannte Stauchungsmodell um zwei Jahre verlängern zu wollen. Das laut aktuellem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für bis Ende 2017 in Betrieb genommene Windkraftanlagen geltende Modell besagt, dass Windparkbetreiber in den ersten acht Jahren von einer erhöhten Anfangsvergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde (kWh) profitieren können, die anschließend auf 3,5 ct/kWh abgesenkt wird. Im Januar kündigte der neue Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel dann an, die Förderung um ein ct/kWh für 2018 und um ein weiteres ct/kWh für 2019 verringern zu wollen. „Für die EEG-Umlage würde sich daraus nur ein geringer Effekt ergeben, für die Wirtschaftlichkeit eines Offshore-Projekts wäre der Effekt dagegen ganz enorm“, kritisiert Meyer. „Mindestens genauso schlimm ist allerdings, dass in einer Branche, in der internationale Player an Bord sind und in der es um Milliardeninvestitionen geht, offenbar ein Ministerwort nichts zählt.“
War es bisher stets der politische Wille gewesen, die Offshore-Windenergie bis 2020 auf 10.000 MW und bis 2030 auf 25.000 MW auszubauen, hat die jetzige Bundesregierung die Ausbauziele auf 6.500 MW bis 2020 und 15.000 MW bis 2030 zurückgestutzt. Insbesondere das neue Ziel für 2030 ist aus Sicht der Offshore-Branche viel zu wenig ambitioniert, um die Energiewende zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Darüber hinaus kritisieren Unternehmen und Verbände an dem derzeit vorliegenden Gesetzesentwurf zur EEG-Reform neben der geplanten Degression innerhalb des Stauchungsmodells vor allem die vorgesehene Deckelung der durch die Bundesnetzagentur zuweisbaren Netzanbindungskapazitäten auf 6.500 MW bis 2020. Wenn es dabei bleibe, sei selbst das verringerte Ausbauziel nicht zu erreichen, heißt es.
Momentan wird noch intensiv über die Details des neuen Gesetzes diskutiert. Laut Zeitplan der Bundesregierung will das Kabinett am 9. April über den Entwurf entscheiden, um ihn dann zur Beratung an Bundesrat und Bundestag weiterzuleiten. Schon am 1. August soll das neue EEG in Kraft treten. Trotz der aktuellen Schwierigkeiten gibt sich WAB-Chef Meyer optimistisch, dass die Branche mit einem blauen Auge aus der Krise kommt und die Offshore-Industrie demnächst wieder Aufträge verbuchen kann, wenn die Politik jetzt das richtige Umfeld dafür schafft: „Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, werden auch die Projekte kommen.“

Ein ausführlicher Bericht über die derzeitige Lage in der Offshore-Windbranche mit einem Überblick über alle aktuellen Projekte ist in der April-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 18 bis 22 zu lesen.

Offshore-Windenergie: Die meisten Risiken sind inzwischen versicherbar

Hohe Investitionskosten bergen für die beteiligten Unternehmen und Geldgeber hohe Risiken: Das gilt auch und gerade beim Bau von Offshore-Windparks. Die Versicherer haben sich auf den neuen Markt eingestellt.

Beim Bau und Betrieb von Offshore-Windparks werden nicht nur hohe Investitionskosten, sondern auch hohe Versicherungsprämien fällig. Das Bild zeigt Pfähle, mit denen Fundamente im Meeresboden verankert werden.

Beim Bau und Betrieb von Offshore-Windparks werden nicht nur hohe Investitionskosten, sondern auch hohe Versicherungsprämien fällig. Das Bild zeigt Pfähle, mit denen Fundamente im Meeresboden verankert werden.

„Mit jedem neuen Windenergiepark im Meer erhöht sich dort die Werte- und Risikokonzentration jeweils in Milliardenschritten. Die Grenze, an der die Summe aller Offshore-Risiken für Versicherer nicht mehr tragbar ist, kann schon in absehbarer Zeit erreicht werden.“ Dies schreibt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einer Mitteilung zu seinem im vorigen Jahr veröffentlichten Positionspapier zur Risikobewertung des Offshore-Windenergieausbaus. Damit es so weit nicht kommt, fordert der Verband, die Risiken künftig großflächiger zu verteilen – unter anderem durch ausreichende Entfernungen der einzelnen Konverterplattformen zueinander, Kabelverlegung in größeren Abständen und Tiefen sowie Entzerrung der Netzstruktur im Meer durch teilredundante Lösungen wie die Verbindung der einzelnen Netzanbindungen untereinander (Vermaschung). Die für den Stromtransport benötigten Komponenten gehörten zu den sensibelsten Punkten der zukünftigen Energieversorgung, betont Oliver Hauner, Leiter der Abteilung Sach- und Technische Versicherung beim GDV. „Wenn es hier zu einem Ausfall kommt, wäre das nicht nur mit enormen Kosten verbunden, sondern es würde die Versorgungssicherheit des ganzen Landes gefährden.“
Trotz der geäußerten Sorgen stellt der Bereich der Offshore-Windenergie derzeit ein interessantes Geschäftsfeld für die Versicherer dar. Seit die ersten Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee gebaut werden, stellen vor allem die Großen der Branche die von Offshore-Unternehmen und Finanzierern angefragten Policen bereit. Nach Beobachtungen des Marktforschungsinstituts Windresearch ist die Zahl der Wettbewerber zwar aktuell noch überschaubar: Es sei allerdings eine erhöhte Aktivität sowohl deutscher als auch internationaler Versicherer auf dem hiesigen Markt zu beobachten, heißt es. Abhängig davon, wie es mit dem Ausbau der Offshore-Windenergie weitergeht, sieht Windresearch bis 2030 ein Marktvolumen für Versicherungen von bis zu 100 Miollionen Euro pro Jahr. Nach Einschätzung von Versicherungsfachleuten betragen die Kosten für eine vollumfängliche Projektversicherung je nach Risiko in der Regel zwischen ein und zwei Prozent des Gesamtvolumens – bei einem durchschnittlichen Meereswindpark mit Investitionskosten von 1,5 Milliarden Euro wären das also 15 bis 30 Millionen Euro allein für Versicherungsprämien.

Ein ausführlicher Bericht zu diesem Thema ist in der September-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 78 und 79 zu lesen.

Deutsche Häfen hoffen auf weitere Aufträge aus der Offshore-Windbranche

Die deutschen Häfen haben sich beim Umschlag von Komponenten für die Offshore-Windindustrie als zuverlässige Partner etabliert. In der Nordsee werden aktuell sieben Meereswindparks gebaut, wodurch sich vor allem für die Häfen in Cuxhaven, Bremerhaven und Emden vielfältige Arbeitsfelder ergeben haben. In der Ostsee steht der Baubeginn des Projekts „EnBW Baltic 2“ unmittelbar bevor, dessen Komponenten über Rostock und Sassnitz verschifft werden sollen.

Installationsschiff "Innovation" im Kaiserhafen Bremerhaven

Installationsschiff „Innovation“ im Kaiserhafen Bremerhaven

„Unsere Häfen sind bis zu einem gewissen Grad auf die Aufgaben eingestellt, die sich durch den Ausbau der Offshore-Windenergie ergeben“, meint Andreas Wellbrock, Präsidiumsmitglied des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und Leiter des ZDS-Lenkungskreises Offshore-Windenergie. „Wir sind momentan allerdings an der Kapazitätsgrenze und behelfen uns stellenweise mit Übergangslösungen, was mit Blick auf die Kostendiskussion nicht gerade optimal ist.“ Um bei den logistischen Prozessen geringstmögliche Kosten erreichen zu können, brauche es eine ideale Infrastruktur. Die werde im Übrigen auch dann benötigt, wenn es nach erfolgreichem Abschluss der ersten Ausbaustufe demnächst zu einem Bauboom auf See kommen werde. Aktuell lässt der freilich auf sich warten, da angesichts der entstandenen Unsicherheiten über die zukünftigen Einspeisevergütungen in der Branche seit geraumer Zeit keine Aufträge mehr vergeben werden. Auch die Hafenwirtschaft hofft daher auf politischen Rückenwind aus Berlin spätestens nach der Bundestagswahl, um weiter im Offshore-Geschäft bleiben und es noch ausbauen zu können.

Ein ausführlicher Bericht zu diesem Thema ist in der August-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 40 und 41 zu lesen.

Branchenvertreter fürchten den Verlust weiterer Arbeitsplätze

Die deutsche Offshore-Windindustrie steht vor einer ungewissen Zukunft. Nachdem die erste Ausbaustufe mittlerweile erfolgreich angelaufen ist und in der Nordsee aktuell sieben Meereswindparks zeitgleich gebaut werden, bleiben die dringend benötigten Folgeaufträge aus.

Tripod-Fundamente auf der ABC-Halbinsel in Bremerhaven

Tripod-Fundamente auf der ABC-Halbinsel in Bremerhaven

Erst die Probleme und Verzögerungen bei der Netzanbindung, jetzt die Diskussionen um eine „Strompreisbremse“ und die Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG): Schon seit geraumer Zeit haben sich potenzielle Investoren im Bereich der Offshore-Windenergie mit schwer kalkulierbaren Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen, die in der Folge zu einem weitgehenden Investitionsstopp geführt haben. Bei Summen von zum Teil weit mehr als einer Milliarde Euro pro Windpark und Zeiträumen von mehreren Jahren zwischen Investitionsentscheidung und ersten Stromeinspeisungen braucht es langfristige Planungssicherheit, doch die ist momentan nicht zuletzt wegen der jüngsten politischen Störfeuer nicht gegeben. „Eigentlich müssten jetzt dringend die Projekte für die Zeit nach 2017 eingestielt werden“, meint Andreas Wagner, Geschäftsführer der Stiftung Offshore-Windenergie. „Aber so lange nicht klar ist, welche Förderbedingungen dann herrschen, wird kein Investor eine so weitreichende Entscheidung treffen können.“ Für viele Unternehmen, die vom weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie abhängig sind, hat das Ausbleiben der dringend benötigten Folgeaufträge bereits schwerwiegende Konsequenzen nach sich gezogen. Allein durch die Insolvenzen der Fundamente-Hersteller Siag Nordseewerke und Cuxhaven Steel Construction sind zuletzt mehrere hundert Arbeitsplätze verlorengegangen. Zahlreiche weitere sind akut in Gefahr: So hat mit Weserwind gerade ein weiterer Produzent von Gründungsstrukturen angekündigt, sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch in diesem Jahr von Mitarbeitern trennen zu müssen.

Ein ausführlicher Bericht zur aktuellen Lage der Offshore-Windindustrie in Deutschland ist in der Juni-Ausgabe des Fachmagazins „neue energie“ auf den Seiten 68 und 69 zu lesen.

Offshore-Unternehmen fordern vereinfachte Zollgesetzgebung

Wer in einen deutschen Offshore-Windpark fährt, verlässt Europa: zumindest in den meisten Fällen und rein zollrechtlich betrachtet. Was kurios klingt, liegt in einer aktuell noch weitgehend deutschlandspezifischen Besonderheit begründet: Die überwiegende Zahl der Parks entsteht hier fernab der Küsten in der so genannten ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) – und somit außerhalb des Staatsgebiets und auch außerhalb des EU-Zollgebiets.

Für die involvierten Unternehmen bedeutet dies, dass sie alles, was sie ins Baufeld bringen wollen, vorher beim Zoll zur Ausfuhr anmelden müssen. Das gilt sowohl für die Großkomponenten als auch später in der Betriebsphase für Ersatzteile, Schmieröle und Werkzeuge, sofern sie einen Wert von 1.000 Euro überschreiten. Weil das mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist, fordert die Branche jetzt Vereinfachungen in der Zollgesetzgebung, die an die Gegebenheiten des Offshore-Windmarkts angepasst sind. Damit stößt sie auf offene Ohren: Die Zollverwaltung sucht derzeit nach Möglichkeiten, die erforderlichen Formalitäten auf ein notwendiges Maß zu reduzieren.

Ein ausführlicher Artikel zur Zoll-Problematik wird in der nächsten Ausgabe des englischen Fachmagazins „Offshore Wind Industry“ zu lesen sein.

Neue Gefahren durch alte Munition auf dem Meeresboden

Von Anne-Katrin Wehrmann

Plötzlich ist auf dem Grund der Nordsee eine Kiste zu erkennen. „Greif zu“, rufen die Männer in dem kleinen dunklen Kontrollraum an Bord des Schleppers „MPR3″. Aber Jason Ashcraft kann nicht zugreifen. „Ich sehe noch nicht mal das Ende des Arms“, sagt er und starrt angestrengt auf einen der neun Monitore vor sich. Wenige Sekunden später verschwindet die Kiste wieder aus dem Sichtfeld, der Bildschirm zeigt nur noch graues Schneegestöber. Fürs Erste ist die Chance vertan.

Jan Kölbel, Kampfmittel-Beseitiger

Jan Kölbel, Kampfmittel-Beseitiger

Ashcraft ist der Pilot eines ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs, das den Meeresboden nach Munition absucht und mit Kameras sowie Greifarmen ausgestattet ist, um das gefährliche Gut unmittelbar entfernen zu können. Von der „MPR3″ aus startet es zu seinen Erkundungsfahrten. Aktueller Einsatzort: ein kleines Gebiet zwischen Borkum und der unbewohnten Insel Memmert. Hier soll demnächst ein Kabel verlegt werden, das den derzeit entstehenden Offshore-Windpark „Riffgat“ mit dem Stromnetz an Land verbindet. Das Problem ist nur, dass die Trasse in unmittelbarer Nähe einer Versenkungsstelle verläuft, in der nach dem Zweiten Weltkrieg unter Aufsicht der Alliierten deutsche Munition entsorgt wurde. „Eine der größten Schwierigkeiten ist es, dass damals ein guter Teil der Ladung schon auf dem Weg dorthin über Bord geworfen wurde“, sagt Jan Kölbel (Bild), Technischer Leiter des Bereichs Offshore beim Kampfmittelbeseitigungsunternehmen Heinrich Hirdes EOD Services. „Man weiß darum nicht genau, wo tatsächlich wie viel liegt.“ Bisher habe das kaum jemanden interessiert: Durch den Ausbau der Offshore-Windenergie werde die alte Munition nun aber zu einer echten Herausforderung. Bis zu 1,6 Millionen Tonnen konventionelle Kampfmittel liegen bis heute in der deutschen Nord- und Ostsee, davon allein 1,3 Millionen Tonnen im Bereich der Nordsee. Hinzu kommt noch eine geringere Menge an chemischen Kampfmitteln. Das geht aus einem Bericht zur Munitionsbelastung der hiesigen Meeresgewässer hervor, den eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Ende vergangenen Jahres veröffentlicht hat. Dorthin gelangt sind die explosiven Stücke durch Übungen der Streitkräfte, Kriegshandlungen sowie die mehr oder weniger gezielten Versenkungen im Anschluss an die beiden Weltkriege.

Der vollständige Artikel über Munitionsaltlasten in der deutschen Nord- und Ostsee ist im „Weser-Kurier“ vom 14. September nachzulesen.