Die Aufbruchstimmung in den Häfen ist vorbei

Während sich Cuxhaven nach wie vor über die Ansiedlung von Siemens freut, sind andere Hafenstandorte inzwischen zurückhaltender geworden, was das Geschäftsfeld Offshore-Windenergie angeht.

Die Offshore-Windenergie hat sich für einige deutsche Hafenstandorte als wichtiges zusätzliches Standbein etabliert – insgesamt haben sich die großen Hoffnungen, die die Hafenwirtschaft noch vor einigen Jahren in dieses Geschäftsfeld gesetzt hatte, allerdings nicht erfüllt. Fünf Jahre ist es jetzt her, seit der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) seinen Offshore-Hafenatlas veröffentlicht und damit die Ambitionen der Branche manifestiert hat, doch unter dem Strich ist die Zwischenbilanz durchwachsen. „Nach der damaligen Aufbruchstimmung ist vielerorts Ernüchterung eingetreten“, sagt ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus. „Unsere Häfen sind in vielen unterschiedlichen Bereichen tätig: Sie verladen Offshore-Großkomponenten, bieten logistische Dienstleistungen an und stehen als Service-Häfen zur Verfügung. Die erhofften Mengen haben sich aber nicht bestätigt.“
Schon früh auf das neue Geschäftsfeld gesetzt hat man in Cuxhaven, wo seit 2007 die „Offshore Basis Cuxhaven“ mit den Offshore-Terminals 1 und 2 entstanden ist. Nach der Insolvenz des Fundamente-Herstellers Cuxhaven Steel Construction und dem Rückzug des Baukonzerns Strabag, der am Standort ursprünglich Schwerkraftfundamente hatte fertigen wollen, war die Stimmung an der Elbmündung vorübergehend getrübt. Das änderte sich voriges Jahr im August: Da verkündete Offshore-Windkraftanlagen-Weltmarktführer Siemens, eine Fabrik zur Turbinenproduktion auf dem Gelände bauen und bis zu 1.000 Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Der erste Spatenstich für das Werk soll im Juni erfolgen, der Produktionsstart ist für Mitte 2017 geplant.
Auch Bremerhaven hatte sich zuvor Hoffnungen auf eine Ansiedlung des Turbinen-Herstellers gemacht. Für die Planer des Offshore-Terminals Bremerhaven (OTB) ist die Entscheidung des Weltmarktführers, seine Zelte 40 Kilometer weiter nördlich aufzuschlagen, ein herber Rückschlag. Dessen ungeachtet unterzeichnete im Februar die für die Realisierung zuständige Hafengesellschaft bremenports mit dem Hafendienstleister BLG Logistics einen Betreibervertrag für den 25 ha großen OTB, der über 30 Jahre läuft. Ab 2019 könne der neue Schwerlasthafen für die Vormontage und den Umschlag von Offshore-Windkraftanlagen zur Verfügung stehen, hieß es bei der Vertragsunterzeichnung. Diese optimistische Zeitplanung ist seit einigen Wochen unwahrscheinlicher denn je: Mitte Mai verhängte das Verwaltungsgericht Bremen im Eilverfahren einen Baustopp, nachdem der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zum Jahreswechsel Klage gegen den Bau der Hafenanlage eingereicht hatte. Die Umweltschützer argumentieren, dass sich die ursprünglichen Zielsetzungen des OTB durch die zwischenzeitlich in der Offshore-Branche eingetretenen Entwicklungen ohnehin nicht mehr erfüllen ließen und es somit keine Rechtfertigung gebe, ein Natura-2000-Schutzgebiet mit einer „unflexiblen Betonplatte“ zu beeinträchtigen. Auch das Gericht sieht noch „eine Vielzahl schwieriger Tatsachen- und Rechtsfragen zu klären“, um die es nun im Hauptverfahren gehen soll. Bis dahin dürften keine Bauarbeiten durchgeführt werden, da die Eingriffe möglicherweise irreversibel seien. Darüber hinaus stellten die Richter fest, dass der seit Ende November vorliegende Planfeststellungsbeschluss gar nicht vom Bremer Umweltsenator hätte herbeigeführt werden dürfen: Hierfür sei vielmehr die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zuständig gewesen.
Dass sich die ursprünglichen Erwartungen manches Hafenstandorts nicht im erhofften Ausmaß erfüllt haben, haben auch die Mitglieder der schleswig-holsteinischen Hafenkooperation „Offshore-Häfen Nordsee SH“ erfahren. „Man muss leider attestieren, dass das Thema Offshore-Windenergie in Deutschland deutlich an Fahrt verloren hat“, stellt Frank Schnabel, Sprecher der Hafenkooperation und Geschäftsführer der Schramm Group, fest. „In Schleswig-Holstein ist in diesem Bereich weniger passiert, als wir uns gewünscht hätten.“ Zwar gebe es mit Helgoland ein Vorzeigeprojekt, doch so manch anderer Hafen im Verbund sei noch nicht zum Zug gekommen.

Ein ausführlicher Bericht zu diesem Thema ist in der Juni-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 74 bis 76 zu lesen.

Offshore-Windenergie: In den Häfen zeigt sich ein gemischtes Bild

Manche Häfen haben derzeit in Sachen Offshore-Windenergie gut zu tun, bei anderen macht sich schon die Flaute bei der Auftragsvergabe bemerkbar. Alle hoffen auf eine Erholung der Branche.

Der Container Terminal 1 in Bremerhaven wird zum Umschlag von Offshore-Komponenten genutzt.

Der Container Terminal 1 in Bremerhaven wird zum Umschlag von Offshore-Komponenten genutzt.

Acht Offshore-Windparks werden aktuell in deutschen Gewässern errichtet, bei einigen von ihnen werden die Installationsarbeiten voraussichtlich in den nächsten Monaten abgeschlossen sein. Abgesehen vom Projekt „Gode Wind 1 und 2“ des Energiekonzerns Dong Energy, das ab 2015 in der Nordsee gebaut werden soll, sind zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Investitionsentscheidungen in der hiesigen Offshore-Windbranche getroffen. Von der damit einhergehenden Auftragsdelle sind nicht nur die Produktionsstätten betroffen, sondern auch die Häfen: Während an manchen Standorten der Offshore-Umschlag noch auf Hochtouren läuft, sind an anderen schon deutlich weniger Großkomponenten zu sehen als noch vor einem Jahr.
„Das unterscheidet sich von Hafen zu Hafen, aber es ist schon so, dass wir jetzt auch Leerstände sehen“, sagt Andreas Wellbrock, Leiter des Lenkungskreises Offshore-Windenergie beim Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe und Vorstand für Kontraktlogistik beim Hafenbetreiber BLG. „Die Häfen würden sich gerne weiter in der Offshore-Windenergie engagieren, und sie haben ja auch schon investiert – aber das ist jetzt davon abhängig, ob es weitere Projekte geben wird.“ Momentan sei die Lage von Stop-and-go-Lösungen geprägt, eine kontinuierliche Auslastung gebe es nicht. Wenn später eine neue Auftragswelle anrolle, könne es zu Engpässen an den Kaikanten kommen. „Was allen in der Offshore-Branche fehlt, und das gilt eben auch für die Häfen, ist Planungssicherheit“, macht Wellbrock deutlich. Es müsse nun abgewartet werden, ob die Bundesregierung mit ihrer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes tatsächlich für Stabilität sorge.
Als „etwas gedämpft“ bezeichnet Frank Schnabel, Sprecher der „Hafenkooperation Offshore-Häfen Nordsee SH“ und Geschäftsführer unter anderem von Brunsbüttel Ports und Rendsburg Port, nach der großen Anfangseuphorie die aktuelle Stimmung in den Häfen. „Dennoch gibt es weiterhin Potenziale in diesem Markt“, betont er und verweist auf positive Entwicklungen wie auf Helgoland und in Rendsburg. Die Offshore-Windenergie ermögliche weiterhin eine „Renaissance der Küste“, die Potenziale für eine Vielzahl von Häfen aufzeige und langfristig Beschäftigung generieren werde.

Ein ausführlicher Bericht mit einer Übersicht der Häfen, die im Bereich Offshore-Windenergie aktiv sind, ist in der Juni-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 80 bis 82 zu lesen.