Bei der zweiten deutschen Ausschreibung für Offshore-Windparks ist der durchschnittliche Zuschlagswert im Vergleich zur Premiere im Vorjahr gestiegen. Die Branche sieht das Ergebnis dennoch als Beleg für eine anhaltende Kostenreduktion – und fordert von der Bundesregierung erneut ein Anheben der Ausbauziele.
Drei von vier bezuschlagten Projekten waren vergangenes Jahr mit Geboten von 0,00 ct/kWh als Gewinner aus der Premierenauktion hervorgegangen, was letztlich zu einem durchschnittlichen Zuschlagswert von 0,44 ct/kWh geführt hatte. Die zweite Auflage brachte nun einen mittleren gewichteten Zuschlagswert von 4,66 ct/kWh hervor, wie die Bundesnetzagentur (BNetzA) Ende April mitteilte. Für die insgesamt 1.610 ausgeschriebenen Megawatt (MW), von denen laut Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) mindestens 500 MW auf die Ostsee zu entfallen hatten, vergab die BNetzA sechs Zuschläge – drei für Windparks in der Nordsee und drei für Ostsee-Projekte.
Marktführer Ørsted, vormals Dong Energy, sicherte sich nach drei erfolgreichen Geboten im Vorjahr diesmal zwei Zuschläge. Den 420-MW-Windpark „Borkum Riffgrund West 1“ will der dänische Energiekonzern erneut komplett ohne Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bauen und betreiben. Für „Gode Wind 4“ (131,75 MW) reichte er mit 9,83 ct/kWh das höchste Gebot ein, das noch einen Zuschlag erhielt.
Den dritten Zuschlag für die Nordsee erhielt Noch-RWE-Tochter Innogy für den 325-MW-Windpark „Kaskasi“, der ab 2022 den Betrieb aufnehmen soll. Über die Gebotshöhe wurde zunächst nichts bekannt. Zwei der drei Ostsee-Zuschläge sicherte sich der spanische Energieerzeuger Iberdrola, der bis 2022/2023 für 6,46 ct/kWh das 476-MW-Projekt „Baltic Eagle“ bauen will und darüber hinaus im 10-MW-Projekt „Wikinger Süd“ den Einsatz neuer Techniken ohne EEG-Förderung plant. Die noch verbleibenden Kapazitäten der aktuellen Ausschreibung (247,25 MW) gingen an KNK Wind für den Windpark „Arcadis Ost“. Kurz nach Auktionsende wurde bekannt, dass der belgische Windparkentwickler Parkwind die KNK GmbH übernommen hat und damit nun in den deutschen Offshore-Windmarkt eintritt.
In einer gemeinsamen Mitteilung erklärten die Offshore-Verbände anschließend, dass die Ausschreibung einen „anhaltenden Trend der Kostenreduktion“ bestätigt habe. Die im Vergleich zur ersten Runde höheren Durchschnittsgebote erklärten sich vor allem durch die „Ostseequote“, die weniger Wettbewerbsdruck zur Folge gehabt habe, heißt es darin. Unter dem Strich hätten die Auktionen in diesem und im vorigen Jahr gezeigt, „dass bei der Nutzung der Windenergie auf See seit 2017 eine unerwartet starke Kostendegression vollzogen wurde“. Vor diesem Hintergrund fordern die Verbände die Bundesregierung erneut auf, die Ausbauziele im Bereich Offshore-Windenergie deutlich anzuheben: statt der bisher politisch gewollten 15.000 MW bis 2030 auf mindestens 20.000 MW.
Ein Ende des politischen Schlingerkurses fordert auch Andreas Wellbrock. Geschäftsführer der Windenergie-Agentur WAB: „Wir haben eine epochale Energietransformation vor uns, und die muss jetzt endlich mal über mehrere Legislaturperioden ganzheitlich gedacht werden.“ Der Offshore-Windenergie komme dabei eine tragende Rolle zu, da sie unter den Erneuerbaren inzwischen die günstigste und zugleich stetigste Energiequelle sei. Was es nun brauche, sei eine Verstetigung des Ausbaus auf deutlich erhöhtem Niveau.
Die nächste reguläre Offshore-Wind-Ausschreibung ist nach aktuell gültigem WindSeeG erst zum 1. September 2021 geplant. Dann werden interessierte Windparkbetreiber erstmals im so genannten zentralen Modell auf Flächen bieten, die das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) bis dahin voruntersucht haben wird.
Ein ausführlicher Bericht zu diesem Thema ist in der Juni-Ausgabe der „Hansa“ (International Maritime Journal) auf den Seiten 62 und 63 zu lesen.