Die großen Entfernungen zum Festland und zum Teil schwierige Wetterverhältnisse machen Rettungsaktionen in Offshore-Windparks zu einer Herausforderung für alle Beteiligten. Im Großen und Ganzen funktionieren die Rettungsketten gut – noch nicht hinreichend geklärt ist allerdings die Schnittstelle zwischen unternehmerischer und staatlicher Verantwortung im Offshore-Rettungswesen.
Passiert in einem Meereswindpark fernab der Küste ein Unfall oder wird ein Offshore-Arbeiter krank, dauert es zumeist zwischen 60 und 90 Minuten, bis der herbeigerufene Arzt da ist. In dieser Zeit kann lediglich ein speziell ausgebildeter Ersthelfer, der jedem Offshore-Team angehört, unterstützend eingreifen. Und wenn schließlich professionelle Hilfe eingetroffen ist, erschweren Wind, Wellen und häufig auch schlechte Sichtverhältnisse die Bergung. Die verschiedenen Rettungsdienstleister haben dafür Konzepte erarbeitet, die mit zunehmender Erfahrung immer weiter verfeinert und den Erfordernissen angepasst werden. Mehr als 1.000 Menschen, nach manchen Schätzungen sogar mehr als 2.000, werden künftig permanent in deutschen Offshore-Windparks im Einsatz sein. Die meisten Parks entstehen weit draußen in der so genannten ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), wo die Rettungsdienstgesetze der einzelnen Bundesländer nicht mehr gelten und wo eine für alle gültige Notrufnummer wie die 112 an Land nicht existiert. Jeder Betreiber hat im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ein Schutz- und Sicherheitskonzept vorzulegen, in dem unter anderem Notfallpläne, Alarmwege und Rettungsketten detailliert darzulegen sind. Allerdings: „Standards gibt es dafür noch nicht“, sagt Nico Nolte vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, der zuständigen Genehmigungsbehörde. Aktuell werden die jeweiligen Konzepte in Absprache mit den verschiedenen Berufsgenossenschaften, den Arbeitsschutzbehörden der Küstenländer und dem Havariekommando überprüft – und müssen manchmal durch mehrere Überarbeitungsschleifen, sofern noch Nachbesserungsbedarf gesehen wird. Bei der Frage nach Zuständigkeiten innerhalb der Rettungskette hat sich in den vergangenen Monaten die Grenze zwischen staatlicher Daseinsvorsorge und unternehmerischer Verantwortung als Knackpunkt erwiesen. Anlagenbetreiber oder staatliche Rettungsstellen – wer ist für was genau zuständig? Können Konstellationen eintreten, in denen die Lage für Unternehmen nicht mehr beherrschbar ist und der Staat einspringen muss? Das Havariekommando als staatliche Einrichtung für ein koordiniertes maritimes Notfallmanagement hat diese Frage schon früh mit einem klaren „Ja“ beantwortet und zunächst als Interimslösung zwei Spezialteams aufgebaut, die permanent für den Notfall bereitstehen. Anderer Auffassung sind in dieser Frage die Anbieter privater Sicherheitsdienstleistungen. Sie argumentieren, dass laut Arbeitsschutzgesetz der Arbeitgeber selbst die erforderlichen Mittel bereitzustellen habe, eine Gefahr abzuwenden und die Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten zu gewährleisten. Um die unterschiedlichen Sichtweisen zusammenzubringen und offene Fragen zu klären, streben alle Beteiligten nun eine dauerhafte maritime Sicherheitspartnerschaft an. Ein von der Stiftung Offshore-Windenergie moderierter Runder Tisch hat dazu schon mehrmals getagt. „Ich bin optimistisch, dass wir bald eine Lösung finden werden“, sagt Jörg Kuhbier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung und Leiter des Runden Tisches.
Ein ausführlicher Artikel zu diesem Thema ist in der Januar-Ausgabe des Magazins „neue energie“ auf den Seiten 46 bis 51 zu lesen.