Die Offshore-Windindustrie entwickelt eine neue Generation von Turbinen und will damit zur Kostensenkung in der Branche beitragen. Der Trend geht zu höheren Nennleistungen und größeren Rotordurchmessern.
Wenn die Offshore-Windenergie langfristig im Wettbewerb mit anderen erneuerbaren Energien bestehen will, muss die Branche die Kosten senken: Darin sind sich alle Beteiligten einig. Die von Windparkbetreibern und Anlagenproduzenten häufig genannte Zahl von 30 bis 40 Prozent Einsparpotenzial wird auch durch eine voriges Jahr von der Stiftung Offshore-Windenergie zu diesem Thema veröffentlichte Studie bestätigt. Bei heute realisierten Meereswindparks lägen die Stromgestehungskosten bei real 12,8 bis 14,2 Cent pro Kilowattstunde, heißt es darin. Je nach Fortgang der Entwicklung könnten diese Kosten in den kommenden zehn Jahren um 32 bis 39 Prozent reduziert werden. Zentraler Treiber sei „die kontinuierliche technische Weiterentwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, schreiben die Autoren.
Ein Ansatzpunkt sind die Windkraftanlagen selbst, wenngleich ihr Anteil an den Gesamtinvestitionskosten eines Windenergieprojekts bei Weitem nicht so hoch ist wie an Land. Während bei Onshore-Windparks die Faustregel gilt, dass die Anlage etwa 70 Prozent der Kosten ausmacht und die restlichen 30 Prozent für Turm, Fundament und Logistik aufgewendet werden, gilt auf See das umgekehrte Verhältnis. Dessen ungeachtet ist auf dem Markt aktuell viel Bewegung zu beobachten: Sowohl etablierte Hersteller von Offshore-Turbinen als auch Marktneulinge haben kürzlich Prototypen neuer Modelle aufgestellt oder sind kurz davor. Dabei geht der Trend einerseits zu höheren Nennleistungen und andererseits zu größeren Rotordurchmessern. Auch getriebelose Anlagen sind unter den Neuentwicklungen.
Die Leistung sei nur ein ganz kleiner Hebel zur Kostensenkung, sagt Professor Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES). „Entscheidend ist die Verfügbarkeit: Die geht 1:1 in den Preis einer Kilowattstunde ein.“ Die bisherigen Erfahrungen seien hier insgesamt positiv, Anfangsschwierigkeiten zum Beispiel mit Triebsträngen und Rotoren habe die Branche mittlerweile recht gut im Griff. Handlungsbedarf sehe er hingegen noch bei der Zuverlässigkeit der Leistungselektronik. „Da sind die Ausfallraten auf See immer noch zu hoch“, erläutert Reuter. „Für die Zukunft ist das sicher einer der Schwerpunkte für Weiterentwicklungen, weil sich da mit relativ wenig Aufwand relativ viel erreichen lässt.“ Der Trend zu längeren Rotorblättern sei durchaus sinnvoll, weil sich damit auch zu windschwachen Zeiten vergleichsweise viel Strom erzeugen lasse. Und die getriebelosen Modelle hätten tendenziell das Potenzial, weniger wartungsanfällig und damit zuverlässiger in der Stromproduktion zu sein. Reuter: „Das ist aber kein Automatismus. Da muss man jetzt sehen, wer seine Hausaufgaben wie gut macht.“
Ein ausführlicher Artikel zu den neuen Offshore-Turbinen europäischer Hersteller ist in der Juni-Ausgabe des Magazins „neue energie“ auf den Seiten 34 bis 43 zu lesen.